Grenzlandritt 2019

Die ersten Jahre meines Lebens habe ich am südlichen Rand von West-Berlin in fußläufiger Entfernung zur Mauer verbracht. Meine Mutter hat auf den Feldern in Marienfelde an Fuchsjagden teilgenommen, ich wurde auf Ponies nicht nur im Gutspark, sondern auch am Mauerstreifen spazieren geführt. Weiter ging's nicht, das war für mich als Kind allgegenwärtig. 

 

Verwandtenbesuche in Brandenburg erschienen mir wie eine Weltreise, die Reise dauerte Stunden durch die Kontrollen an der Grenze und der gefühlt kompletten Demontage des Autos. Umso überraschter war ich bei unserem ersten Besuch nach der Wende, dass man eigentlich nur 45 Minuten für die Strecke braucht...

 

Für mich persönlich ist der Fall der Mauer ein Grund zum Feiern. 

 

Jahrelang bin ich am Berliner Mauerstreifen geritten, mal in Berlin und mal in Brandenburg. Seit ziemlich genau 10 Jahren lebe ich ganz in der Nähe des Grünen Bandes, den Resten der anderen innerdeutschen Grenze, der zwischen Bayern und Sachsen. 

 

Also habe ich beschlossen, den dreißigsten Jahrestag des Mauerfalls mit meinem ganz persönlichen Grenzlandritt zu begehen, zusammen mit dem besten Pferd der Welt, meiner brandenburgischen Flachlandtirolerin.

 

Da uns alle potentiellen Mitreiter angesichts des Novemberwetters im Stich gelassen haben, sind wir alleine losgezogen. Auf dem Weg nach Ullitz, dem letzten Ort vor der sächsischen Grenze, haben wir schonmal einen Fuchs und zwei Rehe getroffen. Anni war gut drauf und hat von Anfang an ein gutes Tempo vorgelegt.

 

Bei Ullitz gab es bis November 1989 eine Agentenschleuse, erst nach dem Mauerfall wurde vorübergehend eine Grenzkontrollstation eingerichtet. Dort parken heute meistens pausierende LKWs.

 

Auf und neben dem Plattenweg der ehemaligen Grenzanlage sind wir uns Richtung Süden geritten, die Strecke kennen wir schon. Hier könnte man auch prima galoppieren, meinte Anni.

 

Nach ein paar Kilometern bergauf und bergab, teilweise mit toller Aussicht (jedenfalls bei klarer Sicht) haben wir einen kleinen Abstecher vom Kolonnenweg zu dem verschwundenen Ort Troschenreuth gemacht. Dieser Ort mit recht langer Geschichte war seinerzeit Rittersitz, hatte sogar ein Herrenhaus und eine eigene Gerichtsbarkeit mit Galgenberg. In den 1970er Jahren wurde er aufgrund der Grenznähe dem Erdboden gleich gemacht. Heute steht nur noch ein einzelnes verlassenes Häuschen und eine Geschichtstafel.

 

Ein Stück weiter kamen wir wieder auf den Plattenweg und trafen einen einzelnen Reiter auf dem Weg nach Lübeck. Wir wünschen ihm einen guten Ritt!

 

Nach dem Gedenkstein in der Nähe von Sachsgrün kam uns meine liebe Freundin Iris mit ihrem Pferd Chip entgegen und zeigte uns, wo nach der Unterbrechung durch eine Straße das Grüne Band an der Wüstung Hasenreuth weitergeht.

 

An einer verlassenen Grenzmarkierung im Wald sind wir Richtung Heimat abgebogen. Iris und Chip haben uns durch Trogenau bis zur Autobahnunterführung am Parkplatz Bärenholz gebracht, von wo aus wir über Kirchgattendorf, Unterhöll und Waldfrieden wieder nach Hause geritten sind.

 

Insgesamt haben wir in 5 Stunden rund 25 km bewältigt, von denen ich natürlich einige gelaufen bin. Es war ein wunderbarer friedlicher Nachmittag, an dem sogar zwischendurch die Sonne und blauer Himmel zu sehen waren. Und ich bin glücklich über mein braves und zuverlässiges Pferd, das alle Abenteuer mitmacht. Danke, liebe Anni!

 

Demnächst werden wir noch den Rest der Strecke bis zum Dreiländereck in Angriff nehmen.

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