Longieren

Es kursieren mal wieder die wildesten "Longierhilfen" (was für ein Unwort in diesem Zusammenhang!) im Internet und in Reitsportkatalogen, weshalb ich mich heute dem Longieren widmen will.

 

Richtiges Longieren fördert Balance, Koordination, Kondition, den Aufbau von Muskulatur und nicht zuletzt auch die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd. Es dient zur Vorbereitung des Jungpferdes auf das Reiten, Gymnastizierung des Reitpferdes ohne Reitergewicht und auch zum Auftrainieren eines Pferdes nach überstandener Krankheit.

 

Leider sieht man landauf, landab Pferde, die paketartig verschnürt und nach außen schauend auf der inneren Schulter zentrifugiert werden, womöglich auch noch in höherem Tempo und über ein paar Cavaletti. Das hat nicht nur keinen gymnastischen Wert, sondern schadet vielmehr den Gelenken, von der Psyche des Pferdes ganz zu schweigen.

 

Das Pferd braucht seinen Hals als Balancierstange, das ist der Grund, warum es beim Zentrifugieren nach außen schaut, denn es hat nicht gelernt, sich der Zirkellinie entsprechend zu biegen. Wenn man nun Hals und Kopf mit Hilfszügeln in eine bestimmte Haltung zwingt, nimmt man dem Pferd die Möglichkeit sich auszubalancieren und die Wahrscheinlichkeit eines Sturzes wächst. Hinfallen und gefressen werden sind die Urängste des Fluchttiers Pferd...

 

Die Reiterwelt wünscht sich nichts mehr als weiche Pferdemäuler, hängt aber Longen und "Longierhilfen" ins Gebiss ein. Dabei wird das Gebiss bei jeder Hilfe mit der Longe quer durch's Pferdemaul gezogen, bei vielen "Longierhilfen" sogar bei jedem Schritt, weil die Verschnürung entweder um die Vorhand oder um die Hinterhand verläuft. Was passiert, wenn das Pferd stürzt oder in die Longe tritt, möchte ich hier nicht näher ausführen.

 

Für alle, die ihre Pferde so longieren: Stellt Euch vor, gefesselt und geknebelt zu sportlichen Höchstleistungen gezwungen zu werden... Das kann nicht der richtige Weg sein!

 

Longieren muss das Pferd genauso lernen wie seinen Job als Reitpferd. Wenn das Pferd sich gebogen auf der gebogenen Linie bewegt, schont das nicht nur die Gelenke, sondern dehnt die äußere Seite des Pferdes und kräftig die innere, der Rücken schwingt nach oben.

 

Dazu bedarf es einiger Vorarbeit an der Hand, Hilfszügel und Longierhilfen aller Art sind jedoch völlig überflüssig! Man braucht dazu nur einen gut sitzenden Kappzaum, eine Longe und eine Longierpeitsche als Armverlängerung.

 

Ein Kappzaum deshalb, weil das Pferdemaul geschont wird und durch den Ring auf dem Nasenrücken der "Angriffspunkt" zum Biegen auf der Längsachse des Pferdes liegt. Über die seitliche Biegung kommt das Pferd nach und nach von alleine in die Dehnungshaltung. Und darauf kann man aufbauen. 

 

Im Übrigen muss Longieren nicht langweiliges Stundenlang-im-Kreis-Gerenne sein, vielmehr ist es nützlich und sorgt für Abwechslung, Übergänge, Tempowechsel, Slaloms, verschiedene Bahnfiguren und Parcours zu longieren. Hierzu kann man Pylonen, Dualgassen und Cavaletti etc. nutzen und seiner Phantasie recht freien Lauf lassen, sollte allerdings wie immer darauf achten, das Pferd nicht zu überfordern.

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Kommentare: 2
  • #1

    Karin Wimmer (Sonntag, 18 November 2012 15:01)

    ach, das Pferdchen kenn ich doch ...

    Im Ernst: wenn man als regelmäßiger Kappzaumlongierer dann auch noch gesagt und durch messen belegt bekommt, dass beide Pferde nahezu gerade gerichtet und gleichmäßig bemuskelt sind ... denke ich, dass der Weg der absolut richtige ist.

  • #2

    Janett Vogtmann (Freitag, 30 November 2012 07:09)

    Liebe Karin,

    wir können das auch gerne bei Gelegenheit noch weiter ausbauen ;-)

    Vielen Dank für's Pferdchen!